FRANKFURTER KUNSTSÄULE
Karsten Bott
Früher Theaterplatz, heute Willy-Brandt-Platz: Jeder kennt die U-Bahn-Station am Anlagenring, die vor genau 50 Jahren eröffnet wurde. Das Bauwerk ist ein sprechendes Beispiel des Frankfurter Brutalismus, der ja unlängst durch den Abriss des Technischen Rathauses und des Historischen Museums zwei wesentliche Wahrzeichen verloren hat. Typisch für diese Architekturrichtung sind nicht nur der nackte Beton und die wuchtigen Linien, sondern auch die mit Kieselsteinen besetzten Platten, die Anfang der 70er-Jahre in die Wartebereiche der neuen U-Bahn-Station eingebaut wurden.
An diesen Steinbetonplatten hat der Künstler Karsten Bott Spuren entdeckt, die ihm zu denken gaben. Sind hier etwa Fettablagerungen vom Haar der Menschen sichtbar, die sich Tag für Tag auf den darunterliegenden Sitzen niedergelassen haben? Und kann man an den Steinen, an denen die Rückenlehnen fehlen, einen Abrieb durch den Druck von ungezählten Jacken und Pullovern feststellen?
Karsten Bott war so begeistert von seiner Entdeckung der Lebensspuren, dass er einen Profi-Fotografen bat, das Bild, das sich nun auf der KunstSäule findet, aufzunehmen. Für ihn sind Abdruck und Abrieb wie Ying und Yang, Werden und Vergehen, wie Sammeln und Wegwerfen. Die Jacken arbeiten am Negativ und wischen weg, die Haare arbeiten am Positiv und fügen dunkle Flecken hinzu.
Wer sich in die unterste Etage der U-Bahn-Station begibt, steht zigtausend-fachen Abwesenden gegenüber. Leider schrubben die Verkehrsbetriebe wenig kunstsinnig immer wieder die Abdrücke fort, doch die Spuren unser aller Existenz kommen immer wieder neu. Für den Katalog „Gleiche Vielfache“ des Historischen Museums Frankfurt nutzte Karsten Bott dieses besondere Foto bereits im Jahr 2015, doch seine ganze Kraft entfaltet es auf dem Rundbild an der Frankfurter KunstSäule.
Exhibition
Karsten Bott
Geister
Aug 30 2024 – April 04 2025
Contact
Florian Koch
Brückenstraße Ecke Gutzowstraße
60594 Frankfurt am Main
frankfurter-kunstsaeule.de
florian.koch@kultur-am-main.de