Martina Kügler
05.09.2025 – 07.09.2025
UNUNTERBROCHEN - MARTINA KÜGLER
MOUNTAINS
Eröffnung: Freitag, 05.09., 18.00–22.00 Uhr
Die Frankfurter Ausnahmekünstlerin Martina Kügler (1945–2017) wäre in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden – die Galerie Mountains, Berlin präsentiert im Rahmen der FRANKFURT ART EXPERIENCE 2025 die Ausstellung Ununterbrochen - Martina Kügler. Als Absolventin der Städelschule war sie ihr ganzes Leben in Frankfurt verankert, nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Erfahrungen jenseits der konsensuellen Wirklichkeit. Seit 2020 stellt die Galerie Mountains das einzigartige Œuvre Küglers in kuratierten Ausstellungen und auf Messen aus; zuletzt waren in der Galerie Arbeiten in der beachteten Ausstellung Hinter Deinem Schatten zu sehen, mit Werken von Martina Kügler, Nschotschi Haslinger und Miriam Cahn. Die Ausstellung Ununterbrochen - Martina Kügler vereint erstmalig Werke und Leihgaben aus den Beständen privater Kunstsammlungen sowie des Freundeskreises Martina Kügler.
Martina Kügler war eine Einzelgängerin bis zur Grenze des Radikalen. Als Künstlerin und Dichterin entwickelte sie abseits institutioneller Wege ein kraftvolles, eigensinniges Werk. Ihre Zeichnungen, Malereien und Collagen sind durchdrungen von emanzipierter, psychischer Spannung, körperlicher Verfremdung und einer oft drastischen Bildsprache. Kügler verarbeitete persönliche Erfahrungen – darunter Weiblichkeit, Sexualität, Schizophrenie – in einer atemberaubenden Bildwelt, die zwischen Surrealismus und existenzieller Selbstbefragung oszilliert. Besonders ist Küglers Fähigkeit, seelische Zustände unverstellt, abgründig und ohne Rücksicht auf Konventionen sichtbar zu machen. Ihre Figuren – oft entblößt, entgrenzt und zersetzt – zeigen die Bandbreite innerer Kämpfe und hinterfragen gleichzeitig gesellschaftliche Normierungen von Körper und Identität.
Die Ausstellung zeigt die Meisterschaft Küglers, vor allem ihre Nähe zum Medium der Zeichnung, insbesondere ihre sogenannten 'one-line drawings' – Linien, die scheinbar ohne Absetzen geführt werden und einen ununterbrochenen, fast tänzerischen Fluss im Bild erzeugen. Das Zeichnen als performativer Akt, als Spur einer Bewegung, einer Geste, die nicht primär abbildet, sondern empfindet, durchlebt und bezeugt. Diese performativen Linien verleihen den grotesken oder deformierten Figuren eine emotionale Vitalität, die trotz der innersten Themen zugänglich bleibt. Mit einer manchmal kindlichen Direktheit schafft Kügler eine Ambivalenz, die ihren Arbeiten eine verstörende Faszination verleiht.
Seit den 70er Jahren schuf Kügler Werke, die nicht nur aus der Perspektive einer Frau radikal und modern sind, sondern auch zentrale Fragen unserer Zeit berühren: Wie gehen wir mit Nähe um? Wie viel Intimität verträgt der Einzelne? Warum fällt es uns so schwer, echte Beziehungen zu führen, die nicht von Zweifel, Rückzug oder eigenen Projektionen auf andere geprägt sind?Viele ihrer Arbeiten zeigen doppeltgeschlechtliche Figuren, die körperlich einander zugewandt, seelisch jedoch in stiller Aggression entkoppelt scheinen – ein kraftvolles Spiegelbild der heutigen Beziehungsdynamik. In einer Welt, in der digitale Kontaktaufnahme grenzenlos erscheint, aber gleichzeitig emotionale Unsicherheit und Entfremdung wachsen, bieten Küglers Bilder einen Raum für Reflexion. Diese Darstellungen von Beziehungsdissonanz berühren etwas, das für eine junge Generation heute oft unausgesprochen bleibt: die Unsicherheit des Miteinanders – während wir als Gesellschaft die neuen Möglichkeiten einer Unverbindlichkeit der Kontaktaufnahme austesten.
Martina Kügler wurde 1945 in Schreiberhau, Schlesien geboren und zog als Kind mit ihrer Familie nach Frankfurt am Main, wo sie zur Farblithografin ausgebildet wurde. Von 1966 bis 1972 studierte sie an der Frankfurter Städelschule bei Prof. Johann Georg Geyger und Karl Bohrmann. Durch ihre Beteiligung an der von Harald Szeemann kuratierten Wanderausstellung Junggesellenmaschinen / Les Machines Célibataires (1975–77, Kunsthalle Bern, Biennale Venedig, Brüssel, Düsseldorf, Paris, Malmö, Stedelijk Museum Amsterdam, Wien), noch vor ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung 1976 im Kunstraum München, erfuhr die Künstlerin erste internationale Aufmerksamkeit und ihre Arbeiten wurden einem größeren Publikum bekannt. Ihre Arbeiten sind in den Sammlungen des Städel-Museums, der Deutschen Bank, der Sammlung Klewan, A Private Collection Frankfurt und zahlreichen weiteren Privatsammlungen zu finden.
Abb.: Martina Kügler, 1975 © Peter Sarowy
Vortrag und Gespräch: Sonntag, 07.09., 11.00–12.00 Uhr
Vortrag Teresa Jungwirth: "Queere Kunst? Lust und Geschlechtlichkeit in den Zeichnungen von Martina Kügler. Wie eine Frankfurter Künstlerin in den 1970/80er Jahren die Genderdebatte von heute vorwegnahm", anschliessend Gespräch Tyrown Vincent und Teresa Jungwirt.
Mountains
Pop-Up-Ausstellung
Fahrgasse 87 (Ecke MMK Museum)
60311 Frankfurt am Main
T. +49.151.50658677
E. info@mountains.gallery